Eigentlich ist es erstaunlich, dass ich noch nie über das Cookies Cream berichtet habe. Dabei ist das Cookies Cream eines der wenigen rein vegetarischen Restaurants mit einem Michelin-Stern und müsste daher ganz oben in diesem Blog stehen.
Tatsächlich war ich auch bereits im Juni 2017 im Cookies Cream, kurz bevor es einen Michelin-Stern erhielt. Damals hatte ich allerdings noch nicht die Idee zu diesem Blog und auch keine Fotos von den Gerichten gemacht.
2025 hat das Cookies Cream immer noch einen Stern im Guide Michelin, drei schwarze Hauben im Gault&Millau und acht Pfannen im Gusto. Daran hat auch der Wechsel vom langjährigen Küchenchef Stephan Hentschel zu Nicholas Hahn im Jahr 2023 nichts geändert.
Cookies Cream, Berlin
Über den besonderen Eingangsbereich des Cookies Cream ist schon viel geschrieben worden. Obwohl ich vor acht Jahren schon einmal hier war, frage ich mich am Donnerstagabend kurz, ob ich hier richtig bin, als ich durch die lange und menschenleere LKW-Einfahrt laufe. Aber nach zwei Ecken sehe ich das unscheinbare Tor mit dem Logo.
Nachdem ich an der Tür geklingelt habe, werde ich eingelassen und nach einer freundlichen Begrüßung an den Tisch im Gastraum im ersten Stock geführt.
Optisch hat sich hier seit meinem Besuch 2017 nicht viel verändert. Sowohl die rot bezogenen Stühle und Bänke als auch das markante Bild mit dem Wort „ficken.“ glaube ich schon 2017 gesehen zu haben. Die Atmosphäre ist locker und entspannt. Die Tische sind zwar weiß gedeckt, aber es läuft Pop- und Elektromusik und alle Gäste werden geduzt.
Die Bedienung ist freundlich und professionell. Man merkt, dass es eines der Hauptziele ist, den Besuchern die Schwellenangst vor dem Fine Dining zu nehmen. Leider ist der Service an diesem Abend manchmal etwas langsam. So kommt es immer mal wieder zu längeren Pausen im Ablauf.
Ich beginne das Menü mit einem Blanc de Blancs von Lena Singer.
Das Menü
Das aktuelle Menü im Cookies Cream heißt „Electric Bloom“ und kann in vier bis sieben Gängen bestellt werden. Es gibt eine vegetarische und eine vegane Variante. Dazu kann man eine alkoholische oder alkoholfreie Weinbegleitung bestellen, die interessanterweise beide gleich viel kosten.
Ich entscheide mich für sieben vegetarische Gänge und die alkoholfreie Begleitung.
Zu Beginn gibt es Brot mit aufgeschlagener Butter. Die Butter ist vegan und mit Thymian gewürzt. Sie schmeckt gut, aber nicht so gut wie klassische Butter.
Zum ersten Mal, seit ich in Sternerestaurants gehe, gibt es keine Amouse Bouche aus der Küche, sondern gleich den ersten Gang. Etwas überraschend, aber verständlich. Die Preise im Cookies Cream sind für Berliner Verhältnisse sehr moderat, was zur Einsteigerfreundlichkeit des Restaurants beiträgt. Die Grüße aus der Küche spart man sich. Satt wird man auf jeden Fall auch so.
Der erste Gang besteht aus Kohlrabi, Erbse, Radieschen. Auf dem Bild sieht man nicht viel, da die Spinat- und Erbsenchips den Rest verdecken. Unten ist eine Art Tatar aus Erbsen und Radieschen. Darüber liegen feine Streifen von Kohlrabi. Das schmeckt frisch und leicht, auch wenn die Radieschen geschmacklich etwas untergehen.
Als alkoholfreie Begleitung gibt es grünen Apfel, Fenchel und Kamille. Ein Getränk, das im Cookies Cream selbst gemixt wird. Das ist für mich die erste sehr positive Überraschung des Abends. Eine alkoholfreie Begleitung hatte ich bisher nur einmal im Ösch Noir und fand sie damals etwas schwer, süß und anstrengend. Der Apfel-Fenchel-Drink hingegen ist leicht, mit wenig Zucker und einem herrlichen Fenchelgeschmack. Eine perfekte Ergänzung zum ersten Gang.
Als zweiten Gang gibt es Paprika, Jalapeño, Kapern. Unten befindet sich eine Schicht aus Paprika und Kapern in Form eines Tatars, darüber ein Sorbet aus Paprika und Jalapeño und darauf ein Paprikachip. Das Ganze wird mit einer Soße aus geschälten Paprikaschoten angegossen. Der Gang schmeckt gut nach Paprika, aber sowohl die Jalapeño als auch die Kapern gehen ziemlich unter. Dadurch wirkt das Gericht etwas langweilig.
Als alkoholfreie Begleitung gibt es Cuvée Cassy Sparkling von der Bôtan Distillery aus Antwerpen in Belgien. Er schmeckt frisch und leicht nach schwarzen Johannisbeeren und Heidelbeeren. Auch dieser Drink passt wieder sehr gut zum Gericht, auch wenn er mir nicht ganz so gut schmeckt wie der erste Drink.
Der dritte Gang wird als Spargel, Romesco, Granola angekündigt. Der Spargel wurde auf Holzkohle gegrillt und hat ein schönes Raucharoma, auch wenn ich es mir etwas kräftiger gewünscht hätte. Die Romesco-Sauce aus Tomaten, Knoblauch, Zwiebeln und Paprika ist angenehm scharf. Dazu gibt es gefriergetrocknete Zwiebeln, die ein sehr ungewöhnliches, spannendes Mundgefühl erzeugen, und Granola aus verschiedenen Körnern. Ein schönes Gericht, das Spargel gekonnt anders präsentiert.
Dazu gibt es wieder einen Drink aus Karotte, Orange und Sellerie. Gekonnt gelingt es, dass der Drink nicht nach ABC-Frühstückssaft schmeckt, vor allem durch den feinen Selleriegeschmack. Gerade die selbstgemachten Getränke von Cookies Cream sind eine echte Entdeckung.
Als vierten Gang wird Kartoffel, Bärlauch, Belper Knolle serviert. Es handelt sich um fein gewürfelte Kartoffeln, die in Bärlauchbrühe gekocht werden. Dadurch erhalten die Kartoffeln eine grünliche Farbe. Dazu gibt es ein Eigelb und Bärlauchschaum und darüber geriebenen Belper Knollenkäse. Das schmeckt erwartungsgemäß gut, wobei mir die Kartoffeln etwas zu hart sind. Auch fehlt mir bei diesem Gericht das gewisse Etwas neben der klassischen „Kartoffel mit Käse“-Idee
Dazu gibt es einen ENG 02 Meadow 02 von Villbrygg aus Norwegen, eine Art Kräuter-Kombucha. Da ich kein Fan von Kombucha bin, ist das nicht ganz mein Fall. Aber für Kombucha trotzdem lecker.
Im fünften Gang wird Sellerie, Macadamia, Yuzu serviert. Der gekochte Sellerie ist absolut perfekt und hat eine wunderbar weiche Konsistenz, so dass man ihn fast ohne Kauen zerdrücken kann. Auch die Macadamia-Sauce ist schön nussig und kräftig. Die Kleckse von Yuzu und Amalfi-Zitrone bilden einen schönen säuerlich-süßen Kontrast. Gut gemacht.
In der Getränkebegleitung kommen nun Birne, Pastinake und schwarzer Kardamom aus dem Cookies Cream auf den Tisch. Und es bleibt dabei: Die alkoholfreien Getränke sind das Highlight des Abends. Obwohl sich die Birne oft in den Vordergrund drängt, ist sie in diesem Drink schön eingefangen und gibt nur eine leichte Süße.
Als sechsten Gang gibt es Puntarella, Morchel, Mönchsbart. Die mit Champignoncreme und Trüffel gefüllten Morcheln sind sehr schmackhaft und haben ein sehr intensives Pilzaroma. Daneben gibt es kleine Ravioli, die wahrscheinlich mit Möchnsbart gefüllt sind und sehr intensiv nach Kräutern schmecken. Ein wirklich kreatives und ausgefallenes Gericht, das mich begeistert.
Das Getränk dazu besteht aus Pfeffer, Pfirsich und Sencha. Der Drink wurde wieder vom Cookies Cream Team selbst gemixt und ergänzt den Gang sehr gut, gerade der Geschmack des grünen Tees macht es zu einem sehr leichten und wenig süßen Eistee mit Twist.
Als letzten Gang und Dessert gibt es Erdbeere, Kindertraube, Anisysop. Unten ist ein Erdbeerragout, darüber ein wenig Traube und darüber ein Zitronenbaiser. Erstaunlicherweise schmeckt der dunkle Klecks fast wie Cola. Leider finde ich das Dessert ansonsten etwas langweilig. Das Baiser ist staubig und sehr dick. Die Erdbeeren und Trauben sind gut, aber ansonsten bietet mir der Teller nicht viel mehr.
Dazu gibt es ein Freija No. 1 von Brand Bros x GLOW GLOW aus der Pfalz. Das ist eine Art Sprudel aus Traubensaft, Zitronenmelisse, Verjus und Himbeeren, der als alkoholfreier Sekt durchgehen könnte. Schmeckt auch leicht, ist mir aber etwas zu süß, wie so oft bei alkoholfreien Sektalternativen.
Ohne Petits Fours oder andere Kleinigkeiten endet das Menü im Cookies Cream.
Fazit
Seit 15 Jahren gibt es das Cookies Cream, seit über sieben Jahren mit einem Michelin-Stern. Und das alles mit einem rein vegetarischen und sogar veganen Menü. Das nötigt Respekt ab. Das Cookies Cream hat eine Vorreiterrolle übernommen, die immer noch beeindruckend ist. Das Cookies Cream setzt auch Maßstäbe. Denn die meisten Restaurants bekommen ihren Michelin-Stern – auch wenn sie ein vegetarisches Menü anbieten – für ihr omnivores Menü. Man weiß also nicht, ob das vegetarische Menü in einem Restaurant, das einen Stern hat, auch Sterneniveau hat. Aber mit der Cookies Cream weiß man, was man mindestens braucht, um auch mit rein vegetarischen Gerichten einen Stern zu bekommen.
Das Schöne ist, dass das Cookies Cream so zugänglich und unprätentiös ist. Jemandem, der noch nie in einem Sternerestaurant war, würde ich das Cookies Cream uneingeschränkt empfehlen. Dazu ist der Service locker und freundlich, was einem die Schwellenangst nimmt. Leider war der Service in meinem Fall gerade am Ende des Menüs nicht so aufmerksam und ich musste etwas kämpfen, um die Rechnung bezahlen zu können. Ein bisschen ungewöhnlich auf diesem Niveau.
Das Essen war sehr kreativ, mit einigen neuen Produkten, die man nicht oft auf der Speisekarte findet. Allerdings fehlte mir bei vielen Gängen der besondere Funke, das gewisse Extra, das die Gänge auf ein höheres Niveau hebt. Ganz anders dagegen die alkoholfreie Getränkebegleitung, die für mich neue Maßstäbe gesetzt hat; wenig Zucker, interessante, stimmige Geschmacksbilder und gute Abstimmung auf die Gänge. Man vermisst wirklich nichts (außer vielleicht den Rausch).
Bewertung
- Essen 7,5/10
- Service 7/10
- Ambiente 8/10
- Gesamtwertung: 7,5/10
Anschrift
Cookies Cream
Behrenstraße 55
10115 Berlin
cookiescream.com