Wenn man sich die Webseiten der Sternerestaurants im Stadtgebiet Stuttgart ansieht, stellt man fest, dass nur wenige ein rein vegetarisches Menü anbieten. Man kann natürlich die Restaurants vor dem Besuch anschreiben und viele Restaurants werden dann ein vegetarisches Menü extra zubereiten. Aber ich finde es schöner, wenn das Restaurant bereits von sich aus ein vegetarisches Menü anbietet. Es ist ja das gute Recht jeden Kochs kein vegetarisches Menü anzubieten und dann will ich das auch nicht einfordern.
In Stuttgart bieten (Stand 27.01.2020) nur das Olivio und die Speisemeisterei auf der Homepage ein vegetarisches Menü an. Dagegen findet man in der Zirbelstube, im Top Air, im Hupperts, im Zauberlehrling, im Delice, in der Wielandshöhe und im 5 (Five) kein vegetarisches Menü.
Im Umkreis von Stuttgart sieht es da schon besser aus: Landhaus Feckl (Ehningen), Schwabenstube (Asperg), Avui (Fellbach), Bachofer (Waiblingen), Oettingers Restaurant (Fellbach), Krone (Waldenbuch) und Schranners Waldhorn (Tübingen) bieten alle jeweils ein vegetarisches Menü an. Nur bei Burg Staufeneck (Salach), Goldberg (Fellbach), Maerz (Bietigheim-Bissingen) und Malathounis (Kernen-Stetten) wird man nicht fündig (Stand 27.01.2020).
Lamm Rosswag, Vaihingen Enz
Auch das mit einem Michelin-Stern geschmückte Lamm Rosswag in Rosswag / Vaihingen Enz bietet ein vegetarisches Menü an. Wir hatten das Lamm schon lange auf unserer Liste, aber irgendwie sind wir bisher nie dazu gekommen es zu besuchen. Nachdem der Gusto aber im Dezember eine überschwängliche Rezension veröffentlicht und das Lamm mit neun von zehn Pfannen beschenkt hat (damit auf einer Stufe mit dem dreifach besternten Bareiss aus Baiersbronn), war unsere Neugier natürlich geweckt. Daher haben wir für Samstagabend reserviert.
Wir reisen mit dem Zug an, damit wir auch die Weinbegleitung genießen können. Von Stuttgart nach Vaihingen Enz benötigt der Schnellzug nur 15 Minuten. Die erste Überraschung: Der nächste Bus nach Rosswag würde erst in über einer Stunde fahren. Die zweite Überraschung: Am Samstag um kurz vor 19 Uhr findet man kein Taxi am Hauptbahnhof in Vaihingen Enz. Nachdem wir telefonisch ein Taxi bestellt haben, fahren wir die fünf Minuten nach Rosswag und sind nur ein kleines bisschen zu spät.
Von außen sieht das Restaurant sehr einladend aus. Ein altes Fachwerkhaus, aber vollständig restauriert. Es gibt auch eine sehr schöne Terrasse direkt vor dem Haus.
Innen ist das Restaurant Lamm sehr schön und modern eingerichtet. Auch haben die Tische einen sehr weiten und angenehmen Abstand zueinander. Allerdings gefällt mit der Fliesenboden nicht so gut. Dieser wirkt glücklicherweise auf Fotos deutlich präsenter als in der Realität.
Das Menü
Die Begrüßung ist sehr herzlich und man fühlt sich sofort willkommen. Nachdem wir vorab schon bei der Reservierung unsere Wünsche geschrieben hatten, finden wir eine extra für uns angefertigte Menükarte auf dem Tisch. Solche Kleinigkeiten finde ich wirklich sehr aufmerksam und wir freuen uns mit einem schönen Sekt auf den weiteren Abend.
Zur Einstimmung gibt es ein paar Kleinigkeiten mit Süßkartoffel und Schwarzwurzel, die Lust auf mehr machen. Auch zwei Sorten Brot mit Butter und körnigem Frischkäse werden serviert.
Wir entscheiden uns zudem für die Weinbegleitung. Es gibt im Lamm derzeit ausschließlich Weine aus Deutschland. Die Auswahl ist in der Weinbegleitung wirklich gut. Vorwegnehmen kann ich schon, dass der Grauburgunder (Großes Gewächs) vom Weingut Heitlinger mein Favorit des Abends war.
Der Gruß aus der Küche ist der erste Aha-Effekt: Tofu und Tofucreme in der Mitte, daneben eine Frühlingsrolle und rechts und links jeweils etwas Sojacreme und Sesamcreme. Aufgegossen wird das mit einem Sojasud. Das Ergebnis ist ein wunderbarer Geschmack mit dem sehr kräftigen und intensiven Soja, der aber nicht unangenehm (wie in manchen Sushi-Restaurants), sondern genau perfekt ist. Der Gruß aus der Küche war gleich einer der besten Gänge des Abends.
Der erste Gang des 4-Gang-Vegi-Menüs nennt sich Topinambur / Wintertrüffel / Petersilie und ist ebenfalls großartig. In der Mitte findet sich ein Ei, daneben dann in verschiedenen Zubereitungsarten Topinambur, unter anderem als „Stein“. Zudem ist die Schale der Topinambur in angebratener Form oben aufgelegt. Die Petersilie ist ebenfalls auf kunstvolle und leckere Art eingearbeitet. Ein wirklich ganz tolles Geschmackserlebnis, das zeigt wie man mit wenigen aber guten Zutaten ein fantastisches Ergebnis erreichen kann. Wahrscheinlich war das mein Lieblingsgang.
Der zweite Gang nennt sich Maistexturen / Rosa Ingwer / Koriander / Joghurt. Das ist ein ganz anderes Geschmackserlebnis. Die Soße hat eine leichte Schärfe, die man aber nur am Anfang schmeckt und die nicht unangenehm ist, selbst wenn man scharfe Speisen sonst nicht so mag. Auch hier findet sich wieder der Mais in verschiedenen Zubereitungsarten, zusammen mit Zwiebel und Ingwer gibt dies eine tolle Kombination.
Das Hauptgericht des vegetarischen Menüs ist Muskatkürbis / Hirse / Quitte / Kräuterseitlinge / Liebstöckel. Eine sehr große, aber gleichwohl leckere Portion. Die Kürbisse sind in runder Form wie Karottenstücke zubereitet. Highlight sind aber die Pilze in der Mitte, die wirklich toll zubereitet sind. Zusammen bildet dies ein richtiges herzhaftes Gericht, das den Vergleich mit dem Fleisch-Hauptgang nicht scheuen muss.
Als kleine Überraschung gibt es ein Pre-Dessert mit Ananas und Dill-Eis. Eine sehr ungewöhnliche Kombination. Aber das Dill-Eis schmeckt nicht komisch, sondern absolut stimmig gerade in Kombination mit der Ananas. Angenehmer Nebeneffekt des Eis ist, dass man sich gleich erfrischt fühlt für den letzten Teil des Menüs.
Zum Nachtisch gab es Exotische Früchte / Matcha / Joghurt. Das klingt unspektakulär, ist es aber nicht. Auf dem Teller findet sich unter anderem Mango in zwei verschiedenen Zubereitungsarten, eine sehr intensive Zitronencreme, Joghurt in einem Karamellmantel und Matcha-Eis. Ein sehr gelungener Abschluss, der einen schon ein bisschen an dem Sommer denken lässt.
Im Nachgang gab es dann sogar noch eine kleine Creme Brûlée mit zwei wunderbaren Pralinen und einem Macaron. Vor lauter Überraschung habe ich vergessen ein Foto zu machen.
Fazit
Das Lamm Rosswag ist wirklich einen kleinen Ausflug aus Stuttgart wert. Wenn man es richtig plant, kann man in 25 Minuten vom Stuttgart Hauptbahnhof direkt beim Restaurant sein. Dort findet man hervorragendes Essen, tollen Service und eine angenehme Atmosphäre.
Bewertung
- Essen 8/10
- Service 9/10
- Ambiente 6/10
- Gesamtwertung: 8/10
Anschrift
Restaurant Lamm Rosswag
Rathausstr. 4
71665 Vaihingen / Enz – Rosswag
www.lamm-rosswag.de
