Nachdem die Restaurants nun endlich wieder offen sind und es viel zum Nachholen gibt, haben wir am ersten Juliwochenende einen Ausflug nach Donaueschingen ins Ösch Noir gemacht. Dort steht mit dem „Menü Vert“ ein rein vegetarisches Menü auf der Karte. Das war uns gleich sympathisch und gab uns einen Anlass für einen kulinarischen Ausflug ins Grüne.
Ösch Noir, Donaueschingen
Das Ösch Noir gehört zum Öschberghof, welcher ein weitläufiges Hotelgelände mit Golfplatz umfasst. Das Hotel wurde ursprünglich vom Aldi-Gründer Karl Albrecht erbaut und im Jahr 2018 nach einer kompletten Renovierung wieder geöffnet – offensichtlich mit großen Ambitionen. Diese Ambitionen wurden zumindest in Bezug auf die Auszeichnungen des Gourmet Restaurants auch erreicht. Das Ösch Noir ist seit 2020 mit zwei Michelin Sternen sowie 17 Punkten vom Gault Millau und 8 Pfannen bei Gusto dekoriert. Insgesamt macht alles einen sehr modernen und fast schon perfektionistischen Eindruck.
Dieser Eindruck entsteht schon allein durch die durchdachte Inneneinrichtung. Auf dem Weg zu den Tischen läuft man an der verglasten Küche vorbei und kann einen Blick auf die blitzsaubere und wohl organisierte Küche werfen. Dabei wird man freundlich von den Köchen und Köchinnen gegrüßt. Diese sind mit dem Anrichten filigraner Köstlichkeiten beschäftigt, die sich später als unser Gruß aus der Küche herausstellen. Auch an unserem Tisch fühlen wir uns sofort wohl. Wir sitzen zu viert an einem runden 4-er Tisch mit gemütlichem Polstermöbel und Kissen. Die optische Raumtrennung durch von der Decke hängende Glaskugeln ist genial, da dies ein Separee-Feeling schafft und der Raum trotzdem offen wirkt. Für das Ambiente gibt es schon mal die volle Punktzahl. Auch der Service ist ohne Ausnahme freundlich und sehr zuvorkommend.
Das Menü
Es geht los mit einem Gruß aus der Küche. Da wir bereits bei der Reservierung angegeben hatten, dass wir das vegetarische Menü essen werden, erhalten wir vom aufmerksamen Team ungefragt vegetarische Varianten.
Der Gruß aus der Küche besteht aus drei Komponenten: Eine Cremesuppe (Ajo Blanco) mit kleinen Traubenstückchen, ein Maistaco mit Tomate, Avocado und roten Zwiebeln sowie einer kleinen Praline von Pilzen mit Petersiliencreme und Röstzwiebel.
Es folgt ein leckeres kleines Roggenbrot, welches zusammen mit Salz, einer Sieben-Kräuter-Butter, einer Zitronenbutter und einem köstlich schmeckenden Maggikrautöl angereicht wird.
Bevor es dann mit dem eigentlichen Menü losgeht, erhalten wir einen orientalisch angehauchten weiteren Gruß aus der Küche. Es handelt sich um Couscous mit Paprika, auf dem ein Tatar aus Aubergine und ein Spitzpaprikasalat angerichtet ist. Darauf befindet sich ein Papadamchip und das Ganze wird von einem Ayransud mit Petersiliengewürzöl umrahmt.
Wir wählen beide das vegetarische Menü in sechs Gängen; ich nehme dazu die Weinbegleitung. Felix hat sich dankenswerterweise ans Steuer gesetzt und verzichtet an diesem Abend deshalb auf Alkohol. Er wählt stattdessen die alkoholfreie Getränkebegleitung mit selbst hergestellten Säften. Obwohl wir ansonsten unsere Restaurantbesuche in der Regel im Großen und Ganzen ähnlich beurteilen, gehen unsere Meinungen von diesem Abend auseinander – wie im weiteren Text zu lesen ist. Ein möglicher Grund dafür könnte die unterschiedliche Getränkeauswahl bzw. der fehlende Alkohol bei Felix sein. Man weiß es nicht.
Bemerkenswert ist, dass wir zu jedem Gericht ein kleines Kärtchen in der Größe einer Visitenkarte mit Informationen zu den Zutaten erhalten. Da ich ansonsten leider oft nur die Hälfte von den mündlich vorgetragenen Informationen über das Gericht mitbekomme und mir diese dann häufig auch nur zum Teil merken kann, finde ich diese Idee sehr gut. Das Ösch Noir hat dies nicht erfunden und es arbeiten auch andere Restaurants mit solchen Kärtchen – zum Beispiel auch das Posthotel Alexander Hermann. Trotzdem finde ich die Kärtchen kreativ. Mir gefällt, dass hierin die Mühe zum Ausdruck kommt, den Abend zu etwas besonderem für den Gast zu machen. Zudem verdeutlichen die Kärtchen, mit wie viel Aufwand, verschiedenen Zutaten und Liebe zum Detail die kleinen Kunstwerke hergestellt werden. Die Einstimmung ins Menü ist jedenfalls perfekt gelungen und bereits bei den Grüßen aus der Küche zeigt sich die große kulinarische Vielfalt.
Der erste Gang besteht aus eingelegtem und geflämmtem Fenchel, der mit gepickelter Gurke und Gurkensalat angereicht wird. Darauf befindet sich eine dünne Scheibe „Knusper“ von Roggenwürzbrot und dazu gibt es Burrata sowie ein Burrataies, hübsch dekoriert mit lila Blüten. In Kombination mit dem aromatischen Sud aus Gurke und Ingwer mit Dill bietet dieser Gang aus meiner Sicht alles, was man sich wünschen kann. Insbesondere die cremige Komponente durch den Burrata und das Burrataeis überzeugen mich. Wahrscheinlich ist das mein Lieblingsgang des Abends.
Als zweiter Gang wird uns ein Onsenei mit Kerbel-Estragon, Ochsenherztomate und glasierten Pfifferlingen serviert. Dazu gibt es eine leckere Soße aus Kerbel und Estragon. Der Gang ist solide und schmeckt absolut gut. Allerdings habe ich Onsenei schon in Kombinationen gegessen, die mir mehr in Erinnerung geblieben sind.
Als nächstes folgt ein japanischer Gang namens Pak Choi. Es handelt sich um eine gefüllte Teigtasche mit einer Füllung aus roten Bohnen. Dazu gibt es ein Ragout von roten Bohnen, Tofu und Shiitakepilzen, eingelegte Jalapenos, glasierte grüne Bohnen in einem Ponzusud aus Chilli- und Korianderöl. Obwohl ich persönlich nicht der größte Fan der japanischen Küche bin und mir im Zweifel etwas anderes aussuchen würde, finde ich diesen Gang gut. Er fügt sich in jedem Fall in die Menüfolge ein und bringt etwas exotische Abwechslung.
Der vierte Gang ist ein Gedicht einer Kartoffel. Die Kartoffel ist in einer Rosenform gebacken und wird zu einer Creme von Erbsen angerichtet. Dies passt perfekt zu den glasierten Steinpilzen, Buchpilzen und Erbsen, welche noch von einer schwarzem Knoblauchcreme und einem Steinpilzschaum begleitet werden. Insgesamt ein superleckerer Gang, den ich gerne nochmal essen würde.
Vor dem Hauptgang gibt es noch eine kleine Überraschung in einer Eierschale. Dies wird mit einem Ratespiel verbunden. Wir sollen uns überlegen, aus welchen Bestandteilen das „Ei“ besteht. Wir liegen mit Kokosschaum und Maracuja nur leicht daneben. In Wirklichkeit ist es Kokosschaum mit Limette beim „Eiweiß“ und Mango mit Passionsfrucht beim „Eigelb“. Die Idee mit dem „gefälschten“ Ei und dem Ratespiel finde ich nett. An dieser Stelle hätten sich aus meiner Sicht aber außergewöhnlichere Zutaten angeboten, sodass man mehr rätselt und die Auflösung einen gewissen Überraschungseffekt bringt.
Den fünften Gang kann ich leider nicht mehr so richtig genießen, da ich schon ziemlich statt bin. Aus diesem Grund probiere ich die gebratene Blumenkohlscheibe mit verschiedenen weiteren Blumenkohlelementen, Zedernkernknusper und Zedernkernen und einem Schaum von Pèrigold Trüffeln nur kurz, um ihn sodann an Felix weiterzugeben. Das passt ganz gut, da Felix im Gegensatz zu mir noch ziemlich hungrig ist. Geschmacklich gibt es an dem Gang nichts auszusetzen, aber wenn die Maus satt ist, schmeckt das Mehl bitter.
Die Maus ist aus diesem Grund wohl auch mit dem Pre-Dessert nicht ganz glücklich. Dieses besteht aus einem Schaum von griechischem Joghurt mit Beeren. Für mich ist das Dessert unspektakulär und ein bisschen langweilig, zumal für meinen Geschmack etwas zu viel Säure enthalten ist.
Auf den Nachtisch mit Pistazie hatte ich mich gefreut, weil ich Pistazie generell sehr gerne mag. Leider schmeckt mir die Kombination aus Pistazienmousse in Matchaganache und Miso-Karameleis überhaupt nicht. Geschmacklich finde ich das Dessert fad und zu wenig süß. Auch die Konsistenz ist mir zu mächtig und erinnert mich an einen rohen Teig. Schade. Felix hingegen feiert den Nachtisch und krönt ihn zu seinem Lieblingsgang. Meine Begeisterung für die vorangegangen Gänge teilt er hingegen nur bedingt. Aber die Geschmäcker sind bekanntlich verschieden.
Am Ende gibt es jedoch noch eine überaus großzügige Auswahl an Petit Fours (Macaron mit Zitrone und Thymian sowie Cheesecake mit Brombeere, Praline mit Blutorange und Safran, Praline mit Himbeere und Szechuan sowie Eiskonfekt von Passionsfrucht mit Vanille dazu noch Zuckerkugeln) die mich wieder versöhnlich stimmen. So komme ich doch noch zu meinem süßen Abschluss.
Da ich nach dem dritten Wein ausgestiegen bin, kann ich zur Weinbegleitung nicht viel sagen. Der Sauvignons Blanc zum zweiten Gang hat mir ausgezeichnet geschmeckt. Die anderen beiden Weine sind mir kaum in Erinnerung geblieben. Felix ist mit seiner Saftbegleitung nicht hundertprozentig happy. Die Säfte sind zwar sehr aufwendig hergestellt und die Kreationen sind auf jeden Fall sehr kreativ (z.B. Apfelsaft mit Spinatessenz, weißer Tomatensaft oder ein Saft aus Zwiebeln). Allerdings springt der Funke irgendwie nicht so richtig über und letzten Endes sind es alles nur Säfte. Vielleicht wäre zwischendurch mal eine prickelnde Variante schön gewesen.
Fazit
Alles in allem war es ein toller Abend mit wunderbarem Essen und exzellentem Service. Das Ösch Noir hat aus meiner Sicht völlig zu Recht zwei Michelin Sterne und performt auf einem extrem hohen Level. Ein kleines Minus ist vielleicht der fehlende persönliche Charme. Zwar sind alle ausnahmslos außerordentlich nett und zuvorkommend. Dennoch geht in dem von Perfektionismus gezeichneten Ambiente vielleicht ein Stückchen Herzlichkeit und Gemütlichkeit verloren.
Bewertung
- Essen 7,5/10
- Service 8/10
- Ambiente 7,5/10
- Gesamtwertung: 7,5/10
Anschrift
Ösch Noir
Golfplatz 1
78166 Donaueschingen
www.oeschberghof.com/restaurants-bars/oesch-noir