Nachdem die aktuelle Situation uns etwas daran hindert neue Restaurants in anderen Städten zu testen, richten wir unser Augenmerk auf die lokalen Restaurants in Stuttgart.
Vor zwei Jahren haben wir von einer Bekannten die Empfehlung bekommen, doch mal ins Schweizers zu gehen, dass seit April 2017 geöffnet hat. Zu meinem Geburtstag im Mai 2018 haben wir das Restaurant zum ersten Mal getestet und waren sofort begeistert. Seitdem waren wir schon sehr oft im Schweizers und haben dort vor einem Jahr unsere standesamtliche Hochzeit gefeiert. Eine objektive Rezension darf man nachfolgend also nicht erwarten.
Schweizers, Stuttgart
Das Schweizers liegt am Ende der Olgastraße, kurz vor dem Fangelsbachfriedhof. Es befindet sich einem wunderschönen Jugendstil-Gebäude, das innen liebevoll restauriert wurde. Der Gastraum ist zurückhaltend, aber stilvoll dekoriert (beim nächsten Mal mache ich endlich mal ein gutes Foto von den Innenräumen). Im Winter gibt es auch einen Gas-Kamin, der gerne von den Hunden der Gäste zum Aufwärmen genutzt wird.
Gero Schweizer heißt der Chef in der Küche. Bevor er sein eigenes Restaurant eröffnet hat, war er unter anderem im wunderbaren Boteca di Vino und im Schlossgarten-Hotel.
Im Service arbeitet auch Jure Rübel, den einige noch aus der Speisemeisterei kennen dürften. Für mich ist der Service bei einem Restaurantbesuch sehr wichtig . Ich muss mich wohl fühlen, wenn ich Essen gehe. Wenn man im Restaurant so schlecht behandelt wird wie in der Schuhabteilung des Breuninger, dann nützt auch das beste Essen nichts. Im Schweizers muss man sich darüber keine Sorgen machen. Herr Schweizer und Herr Rübel sowie das restliche Team kümmern sich liebevoll um alle Gäste.
Im Sommer kann man im sehr schönen Innenhof sitzen. Dieser ist herrlich eingefasst von den alten Häusern und sehr viel grüner als man es von der Straßenseite aus erwarten würde. Man sollte allerdings früh kommen (möglichst vor 19 Uhr), denn um 22 Uhr ist draußen Schluss, damit die Nachbarn auch etwas Schlaf bekommen. Man kann dann natürlich drinnen im Restaurant weiterschlemmen.
Take Away
In der Corona-Zeit hat das Schweizers den mit großem Abstand besten Abholservice der Stadt angeboten (wir haben die Angebote sehr intensiv getestet). Wenn man wollte, konnte man sich sogar ein Vier-Gang-Menü bestellen. Das schmeckte wirklich fast so gut wie vor Ort. Nachdem man die Taschen mit den Leckereien abgeholt hat, musste man das Hauptgericht einfach nur zum Warmhalten in den Ofen und den Nachtisch in den Kühlschrank stellen. Dann konnte man entspannt die Vorspeise genießen. Hier mal ein Beispiel von meinem diesjährigen Geburtstag mit einem wunderbaren vegetarischen Crêpes, Thunfisch-Tatar und Risotto sowie einem Schokoriegel mit Erdbeeren und Streuseln.
Ob und in welcher Form es das Take Away im Schweizers noch geben wird, ist offen. Aber hier zeigt sich wirklich, was bei einem Abholservice alles möglich wäre, wenn man es darauf anlegt.
Das Menü
Im Schweizers gab es bisher drei Menüs mit je vier Gängen. Das erste Menü (vom Land) beinhaltete drei Fleischgänge, das zweite Menü (vom Wasser) drei Fischgänge und das dritte Menü (vom Feld) drei vegetarische Gänge. Dazu gab es jeweils ein Dessert. Man konnte natürlich beliebig kombinieren.
Seit Mai 2020 hat sich das leicht geändert. Es gibt jetzt ein 6-Gang-Menü mit Fisch, Fleisch und vegetarischen Gängen. Es sind aber auch nur 5 oder 4 Gänge möglich. Dazu gibt es weiterhin das vegetarisches 4-Gang-Menü vom Feld, welches heute der gesamte Tisch gewählt hat.
Die Weinauswahl im Schweizers ist vorzüglich, was natürlich Herrn Rübel zu verdanken ist, der in Stuttgart als exzellenter Weinkenner bekannt ist. Die Weinbegleitung ist sehr zu empfehlen. Hier finden sich sehr viele lokale Weine (z.B. vom Weingut Beurer, von Bernhard Ellwanger oder Merkle), aber auch geniale Funde aus dem Ausland.
Der Chef und Koch des Schweizers, Gero Schweizer, stand seit der Gründung allein in der Küche. Seit einiger Zeit hat er Verstärkung von einem Sous-Chef und einem Chef Pâtissier. Mir fehlt, wie geschrieben, die Objektivität, aber ich habe das Gefühl, dass man diese Unterstützung bemerkt. Das Essen im Schweizers war immer sehr gut, aber in letzter Zeit ist da nochmal ein Qualitäts- und Kreativitätssprung zu bemerken.
Das fängt schon mit dem Gruß aus der Küche an. Es gibt Kartoffelbrot mit Meerrettich-Creme. Wer eigentlich keinen Meerrettich mag, sollte dennoch mal probieren. Denn der Meerrettich hat nichts mit den scharfen Saucen zu tun, die man aus dem Supermarkt kennt. Vielmehr kommt hier das volle Geschmacksbild des Meerrettich zur Geltung. Ich hätte das Kartoffelbrot mit der Creme den ganzen Abend essen können.
Dazu gibt es eine Möhrencreme mit Käse und kleinen Melone-Tupfern. Ein frischer, süßer Kontrast zu dem Meerrettich und perfekt passend zu dem heutigen lauen Sommerabend.
Die Vorspeise nennt sich „Wiederentdeckte Tomatensorten mit Stracciatella, Rucolaeis und Wildkräuter„. Es handelt sich um alte und heute selten zu findende Tomatensorten. Ich hätte nicht gedacht, dass mir Tomaten so gut schmecken können. Die Tomaten finden sich einer zurückhaltenden Vinaigrette, die nur darauf abgestimmt ist die Tomaten besser zur Geltung zu bringen. Das Highlight des Tellers ist jedoch das Rucolaeis. Es schmeckt einfach vorzüglich nach Rucola und Sonne und ist der perfekte Begleiter für die Tomaten. Als weiteres Schmankerl findet sich mit dem Stracciatella noch das Beste aus dem Buratta auf dem Teller. An unserem Tisch macht sich jetzt schon große Begeisterung breit.
Der Zwischengang ist ganz in orange gehalten und nennt sich „Tatar von der Bundmöhre, Fenchel-Möhren Gazpacho, Karotten-Couscous, Dill„. Das „Tatar“ ist auf dem Bild etwas versteckt unter den beiden Möhren, aber erinnert tatsächlich von Geschmack und Konsistenz an ein echtes Tatar. Dazu gibt es leckere Gazpacho und Couscous. Ein guter Gang, aber nicht so genial wie die Vorspeise.
Die freundliche Kellnerin erklärt uns vor dem Hauptgang, dass man den Hauptgang in zwei Teile aufgespalten habe. Erst erhalten wir nur den Teil „Emmer und Gemüse-Jus“ in einem kleinen Schälchen. Der Gang ist schwer zu beschreiben, aber ein Hochgenuss. Unter der Creme aus Emmer (Zweikorn) befindet sich gekochtes Gemüse und auch Emmerkörner. Das klingt unspektakulär, ist aber wunderbar cremig, gleichzeitig bissfest durch die Körner und sehr, sehr lecker.
Ohne Pause geht es – nachdem wir die Schälchen leer gegessen haben -, mit dem Hauptgang „Allerlei von der Aubergine, eingelegter Ingwer, Emmer und Gemüse-Jus“ weiter. Auch hier findet sich noch ein kleiner Klecks von dem Emmer mit dem gekochten Gemüse. Das Highlight ist aber die auf drei verschiedene Arten zubereitete Aubergine. Einmal gegrillt, einem gekocht und einmal als Püree. Dazu findet sich noch eingelegter Ingwer, den ich gar nicht erkannt hätte, wenn er nicht auf der Karte gestanden hätte, so anders als der übliche Ingwer schmeckte das. Das ist wirklich hohe Kunst und ein wunderbarer Hauptgang.
Das Dessert, das kurz vor 22 Uhr serviert wird, nennt sich „Verbene-Creme in belgischer Schokolade dazu Sauerrahm-Eis und Stuttgarter Erdbeeren„. Die Schokoladenriegel gab es auch während der Take-Away-Phase und man hat damals schon gemerkt, dass diese ständig verbessert wurden. Jetzt hat man in den weißen Schokoladenriegel eine Creme aus Eisenkraut gefüllt. Das Knacken der Schokolade ist herrlich, aber noch besser schmeckt die Creme, die einen an lila Eisenkraut-Felder denken lässt. Das wunderbare Sauerrahm-Eis und Erdbeereis machen das Finale perfekt.
Dazu gibt es einen meiner Lieblingsweine, einen Wildspontan Riesling Stubensandstein vom Weingut Merkle. Ich kann diesen herrlich fruchtigen, etwas lieblichen Wein auch gut einem frischen Hauptgericht trinken, aber er passt auch hervorragend zum Dessert.
Im Anschluss gibt es noch kleine Pralinen und – sofern – man möchte, den besten Haselnuss-Schnaps, den ich je getrunken habe.
Fazit
Wer als Vegetarier in Stuttgart gut Essen gehen möchte, der sollte sich definitiv das Schweizers ansehen. Denn hier findet man tolle Kreationen auf hohem Niveau für meines Erachtens sehr akzeptable Preise. Man merkt im Schweizers, dass das vegetarische Menü nicht der ungeliebte Stiefbruder ist, sondern mindestens auf derselben Stufe mit dem anderen Menü steht.
Besonders schön ist jedoch, dass man ins Schweizers auch mit Nicht-Vegetariern Essen gehen kann, denn die Fisch- und die Fleischgänge stehen den vegetarischen Gerichten in nichts nach.
Bewertung
- Essen 9/10
- Service 9,5/10
- Ambiente 8,5/10
- Gesamtwertung: 9/10
Anschrift
Restaurant Schweizers
Olgastraße 133B
70180 Stuttgart
www.schweizers-restaurant.de