An diesem Wochenende stand mal wieder ein Ausflug auf dem Programm. Nach Nürnberg und Wirsberg im Februar, haben wir uns im März für Frankfurt entschieden. In Sachen vegetarischer bzw. veganer Gourmetküche spielt Frankfurt ganz vorne mit. Zum einen gibt es im zweifach besternten Restaurant Lafleur schon seit langer Zeit neben dem „normalen“ auch ein veganes Menü.
Zum anderen gibt es in Frankfurt mit dem Seven Swans ein Restaurant, das seit dem letzten Jahr nur noch ein veganes Menü anbietet. Das Seven Swans hat am 3. März 2020 seinen Stern verteidigt und darf sich damit einziges veganes Restaurant mit Michelin-Stern nennen. Wir hatten uns für das Seven Swans entschieden, da dieses angekündigt hat Ende des Jahres aufzuhören oder das Konzept umzustellen. Am Freitagnachmittag rief jedoch das Seven Swans bei uns an und teilte uns mit, dass das Restaurant das gesamte Wochenende geschlossen ist, da beide Köche krank sein.
Weinsinn, Frankfurt
Da wir bereits Zug und Hotel gebucht hatten, haben wir – nach einem kurzen Schockmoment – spontan noch einen Tisch im einfach besternten Weinsinn ergattert. Das Weinsinn ist der kleine Bruder des Gustav, das 2020 den zweiten Michelin-Stern erhalten hat. Beide Restaurants werden von den Gastronomen Milica Trajkovska Scheiber und Matthias Scheiber betrieben.
Das Weinsinn war ursprünglich 2009 als Bistro im Frankfurter Westend gestartet und hatte sich 2013 den ersten Michelin-Stern geholt. Nach kurzzeitigem Verlust des Sterns (2017), doppeltem Wechsel des Chefkochs und Umzug ins Frankfurter Bahnhofsviertel (2018) hat sich das Weinsinn aber auch am neuen Standort etabliert.
Allerdings hat das Weinsinn erst im letzten Monat den Küchenchef gewechselt. Der bisherige Koch Julian Stowasser ist ins Lakeside nach Hamburg weitergezogen. Nachfolger im Weinsinn ist Daniel Pletsch, bislang Souschef im Schwesterrestaurant Gustav. Der dortige Küchenchef Jochim Busch ist als „Head Chef“ federführend für Gustav und Weinsinn zuständig.
Nach drei Minuten Fußweg von unserem Hotel erreichen wir um kurz nach 19 Uhr das Weinsinn. Ein schöner Zufall, dass das Weinsinn sogar noch näher bei unserem Hotel liegt als das Seven Swans.
Im Weinsinn angekommen werden wir sehr herzlich begrüßt. Der erste Eindruck von den Räumlichkeiten ist auch gut: Ein toll designtes Interieur mit einer offenen Küche empfängt uns. Einerseits wirkt das Restaurant sehr luftig, aber andererseits ist es auch gemütlich. Da haben die Innenarchitekten wirklich gute Arbeit geleistet.
In der Mitte des Raumes befindet sich ein großer Tisch mit leeren Weingläsern. Die Tische sind darum herum angeordnet.
Das Menü
Es gibt im Weinsinn jeweils zwei Vorspeisen, zwei Zwischengänge, zwei Hauptgänge und Käse sowie Dessert. Ein Gericht der Gänge ist jeweils vegetarisch, d.h. man kann maximal fünf vegetarische Gänge essen, wenn man auch den Käse wählt.
Dazu gibt es eine sehr umfangreiche Weinkarte. Wir wählen aber – wie so oft – die Weinbegleitung. Das entpuppt sich als eine sehr gute Entscheidung.
Es fängt mit einigen Kleinigkeiten aus der Küche an von denen ich aber nur den Lauch fotografiert habe. Dazu gibt es selbstgemachtes Brot mit einer fantastischen Butter. Ein vielversprechender Start.
Wir werden den ganzen Abend vom Sommelier Connor Münster und Maximilian Kraft umsorgt. Die offene und freundliche Art der beiden Gastgeber trägt einen wesentlichen Teil zum schönen Abend bei. Mir ist es immer sehr wichtig, dass ich nicht nur tolles Essen bekomme, sondern mich in dem Restaurant auch wohl fühle.
Der erste Gang des Abends nennt sich Weinsinnsalat mit Wintergemüse, Haselnuss und Trüffelvinaigrette. Ich glaube, ich habe noch nie in einem Gourmetrestaurant einen Salat im Menü gesehen, daher fand ich das eine interessante Idee. Bei dem Wintergemüse handelte es sich unter anderem um rote Beete, einen Pilz und weitere Gemüse. Der Salat war auch vorzüglich angemacht. Eine gute Idee, aber so richtig vom Hocker hat es mich nicht gehauen.
Ganz anders dann beim Zwischengang: Karamellisierter Zwiebel mit Milchschaum, Marconamandel und Süßholz.
Dazu gab es in der Weinbegleitung einen halbtrockenen Gewürztraminer aus dem Elsass.
Die Zwiebel schmeckte unfassbar gut. Einerseits war der klassische Geschmack der Zwiebel immer noch zu schmecken. Andererseits war diese Zwiebel auch durch das Karamellisieren süß und verband sich fantastisch mit der Soße. Das Highlight dazu war dann der Gewürztraminer, der diese Süße klasse aufgenommen hat. Da der Gewürztraminer aber selbst ordentlich Power hatte, wurde der Geschmack dadurch sogar nochmal verstärkt. Ein wirklich großartiger Gang.
Das Hauptgericht setzte dem Abend dann aber die Krone auf: Nussbutterravioli mit Winterspinat, Parmesan, Champignonsaft und Zitrone. Der erste Biss in eine Ravioli war eine wahre Offenbarung. Auch in den Ravioli befand sich der Winterspinat, aber in einer pürierten Form zusammen mit der Nussbutter. Der Geschmack war sensationell und füllte den gesamten Mund aus. Auch wenn es abgeschmeckt klingt: Das war wirklich ein Feuerwerk der Aromen. Für mich war dieser Gang haarscharf noch besser als die fantastische Zwiebel.
Zum Nachtisch gab es Apfeltarte mit Sauerrahmeis, Ahornsirup und Maldon Sea Salt. Unter der Tarte befand sich noch eine Art Creme. Ich bin ein großer Fan von Apfelkuchen und die Tarte war auch lecker. Auch das Sauerrahmeis hatte eine gute Qualität. Ich finde es gut, wenn man eher klassische Gerichte in hoher Qualität neu umsetzt. Aber für mich war der Gang zwar ganz gut, aber insgesamt etwas langweilig.
Fazit
Das Weinsinn hatte den Nachteil, dass es „nur“ der Ersatz für das eigentliche Ziel des Ausflugs war. Aber gleichzeitig waren unsere Erwartungen natürlich auch nicht ganz so hoch, da wir uns nur einen Tag auf das Restaurant vorbereiten konnten (und nicht wochenlang darauf hingefiebert haben).
Ich bin aber wirklich sehr froh, dass wir im Weinsinn waren. Die Zwiebel im Zwischengang und die Ravioli im Hauptgang waren zwei fantastische Gerichte, die ich nicht hätte verpassen wollen. Dazu kommt das tolle Ambiente und der super Service. Gerade auch angesichts des moderaten Preisniveaus verzeihe ich auch, dass Vorspeise und Dessert nicht ganz so perfekt waren.
Sollten wir bei unseren zukünftigen Besuchen in Frankfurt (Seven Swans und Lafleur warten noch) nochmal spontan einen Tisch benötigen, werden wir auf jeden Fall zuerst im Weinsinn nachsehen.
Bewertung
- Essen 8/10
- Service 10/10
- Ambiente 8/10
- Gesamtwertung: 8/10
Anschrift
WEINSINN Restaurant
Weserstraße 4
60329 Frankfurt am Main
www.weinsinn-frankfurt.de